Das „Zentralhaus für Kulturarbeit der DDR“ in Leipzig, dem das Konsultationszentrum unterstellt war, plante eine Publikation über die landesweiten Trachtengebiete, worin die Altmark ebenfalls beschrieben werden sollte.
Die Altmark war um 1980 ein weißer Fleck auf der Karte der Trachtenlandschaften in der DDR. Vielleicht führte dies dazu, dass zu jener Zeit der Bezirksrat das Danneil-Museum in Salzwedel zum „Konsultationszentrum für Folklore der Altmark“ ernannte.
Damals waren auf dem gesamten Gebiet der ehemaligen DDR viele Tanzensembles sehr aktiv und haben sich bei landesweiten Tanzwettkämpfen gemessen. Vielfach waren sie mit stilisierten Trachten für Bühnenzwecke ausgestattet, die Albrecht Lange regionalspezifisch erarbeitet hatte. Der Ursprung seines Wirkens auf diesem Gebiet dürfte seine Leidenschaft für Tracht und Tanz in der Lausitz gewesen sein – dem Staatlichen Ensemble für sorbische Volkskultur in Bautzen gehörte er seit der Gründung 1952 als Tänzer an.


Diese Tatsache und die Verbindung zu Albrecht Lange dürfte Peter Fischer weiter angespornt haben, die bereits vergessenen Trachten der Altmark möglichst umfangreich zu rekonstruieren und damit zu beleben. Dieser Gedanke ließ den Museumsdirektor nicht ruhen. Denn er mobilisierte viele Textilgewerke – darunter auch die Druckmodel-Schnitzerei in Pulsnitz sowie die Blaudruckwerkstätten Hoyerswerda. Aus dem museumseigenen Fundus dienten Blaudruckmodel altmärkischer Färbereien als Werkzeug zur Fertigung neuer Stoffe, aus denen in der Altmark und der Oberlausitz Trachtenteile geschneidert wurden. Die Schnitte dazu wurden von originalen Objekten abgenommen und auf verschiedene Größen konfektioniert. Dabei wurde auch oft auf Puppenkleidung oder Kinderkleidung zurückgegriffen, wenn andere Belegteile nicht vorhanden waren.

 

Beispiel: Rekonstruktion einer Brauttracht nach dem Vorbild einer Puppentracht:

Puppe
Karteikarte

Beispiel zur Verwendung historischer Druckmodel zur Herstellung geeigneter Stoffe für die Rekonstruktion von Trachten:

Rekonstruktion von Arbeitstrachten
Rekonstruktion von Arbeitstrachten, für Mädchen und ältere Frau in der Altmark um 1850. Die Aufnahme entstand in Böddenstedt. Antje Strähle und Frau Christensen. Foto: P. Fischer, 1985
Rekonstruiertes Mieder
Rekonstruiertes Mieder zum Haken, gefertigt mit Blaudruckstoff der Blaudruckwerkstätten Hoyerswerda, Frau Nötzold.
Stoffprobe
Stoffprobe des Musters von Druckmodel 00005886 aus dem Freilichtmuseum Diesdorf 00009175.01
Druckmodel des Museum
Druckmodel des Museum, womit in Hoyerswerda der Blaudruckstoff hergestellt wurde.

Beispiel: Rekonstruktion einer Frauenjacke nach dem Vorbild einer Säuglingsjacke:

Säuglingsjacke zum Schnüren
Säuglingsjacke zum Schnüren aus weißem Flanellstoff, im oberen Bereich besetzt mit Blaudruckstoff als Vorlage 00001939
Rekonstruktion Frauenjacke
Rekonstruktion einer Frauenjacke zur Arbeitstracht in der Altmark um 1850
Detail
Detail der rekonstruierten Frauenjacke

Ein weiteres Beispiel zur Verwendung historischer Druckmodel zur Herstellung geeigneter Stoffe für die Rekonstruktion von Trachten:

Rekonstruktion, evtl. gewöhnliche Tanztracht
Sylvia Nelke und Susanne Schulz in einer Rekonstruktion, evtl. gewöhnliche Tanztracht Altmark um 1850. Foto: P. Fischer, 1985
Rekonstruktion, evtl. gewöhnliche Tanztracht
... und in Farbe
Model
Detail der rechten Schürze des Farbfotos – Fondmusterung, Quermusterung und Längsmusterung. Darunter die jeweiligen Druckmodel

So entstanden viele Anzüge für verschiedene Anlässe, aber auch für räumlich weit auseinander liegende Regionen wie Schönhausen/Elbe, Estedt bei Gardelegen oder die Magdeburger Börde, aber auch Lichterfelde in der Altmärkischen Wische oder die westlichsten Bereiche bis nach Diesdorf und den Drömling reichend.
Ein weiteres großes Ereignis waren die Arbeiterfestspiele 1986 in Salzwedel – die erste Ausstellung der Trachten im Danneil-Museum wurde eingerichtet. Parallel veröffentlichte Peter Fischer Teile seiner Forschungsergebnisse im Altmärkischen Kalender.

Rekonstruierte Tracht
Solwey Hase in einer teilweise rekonstruierten Tracht, bezeichnet als Tracht eines Hochzeitsgastes um Schönhausen/Elbe 1820/40. Foto: J. Blume 1984
Rekonstruierte Tracht
und in Farbe. Tracht zusammengestellt aus den „ältesten“ Objekten des Freilichtmuseum Diesdorf (Ende 18. Jahrhundert) und Objekten aus dem Museum Stendal und Gardelegen. Foto: J. Blume, 1984

Es folgten weitere Aktivitäten, zum Beispiel das Verleihen von Trachtenrekonstruktionen an Tanzgruppen: Die Trachtengruppe Lichterfelde bekam Wischetrachten und das Altmarkensemble Salzwedel die „Tracht der nordwestlichen Altmark“. Die Trachten der heute aufgelösten Trachtengruppe „De Deelenpetter“ und des Tanzensembles „Fitschebeen“ resultieren aus den Forschungen jener Jahre, die auch Margarethe Franke von der Gruppe „Fitschebeen“ umfangreich unterstützte.
Zu einer umfassenden Publikation über die Trachtengebiete Ostdeutschlands kam es bis 1989 nicht mehr.