- Die Museen des Altmarkkreises
- Freilichtmuseum Diesdorf
- Verstehen - Unsere Ausstellungen
- „Blau beeindruckt“
- Peter Fischer und die Wiede... III
Peter Fischer und die Wiederbelebung altmärkischer Trachten
Albrecht Lange – Fischers Unterstützer bei der Beschaffung geeigneter Stoffe und Anweiser für die richtigen Schnitte – hatte in den 1950er Jahren intensiv die wendländischen Trachten durch Reisen und Besuche der letzten Trachtenkundigen im Wendland dokumentiert. Als besonders wertvoll wird dabei sein Briefwechsel mit Mine Schulz in Küsten angesehen. Sie hat ihm in mehreren Fragebögen intensiv das Regelwerk der Trachten zu bestimmten Anlässen und das richtige Tragen beschrieben.
Zu Trachten in der Altmark lagen weitaus weniger Quellen vor. Albrecht Langes Erfahrungsschatz veranlasste ihn, fehlende Details zu ergänzen, sodass eindeutige regionale Unterschiede der Anlassbekleidung aus heutiger Sicht zu hinterfragen sind. In diesem Zusammenhang ist die Materialbeschaffenheit in vielen Fällen als unauthentisch zu bezeichnen.'
Zeitgenössische und detaillierte Berichte über die Kleidung in der Altmark lagen nicht in geeignetem Maße vor – von authentischen Bildern um 1850 ganz zu schweigen. Um trotz des Fehlens dieser Beschreibungen eine möglichst große Vielfalt an Trachtengarnituren zeigen zu können, hat Peter Fischer vermutlich Parallelen zum benachbarten Hannoverschen Wendland gesucht. Bestärkt hat ihn dabei sicher Albrecht Lange. Fischer hat zwar unzählige Quellen zusammengetragen, die er in den Kontext der Kleidungsstücke gesetzt hat. Das jeweilige Kleidungsensemble, zum Beispiel die Abendmahls- oder Festtracht konnte er jedoch nur durch Vermutungen arrangieren.
Für beide Forscher war der erste optische Eindruck eines Kleidungsstückes von größerer Bedeutung als dessen korrekte Verarbeitung und Materialbeschaffenheit. Ein schönes Beispiel dafür sind verschiedene Trachtenteile, die aus Dederon-Stoff genäht wurden. Das Ziel war, die Charakteristik der verschiedenen Anzüge mittels Farben und Mustern zu verdeutlichen – ein blaugrundiges Tuch stand für Trauer oder höheres Alter, ob ein Tuch bedruckt war oder gemustert gewebt, deutete auf den Anlass des Tragens hin und so weiter.
Als großes Verdienst Peter Fischers in seiner Trachtenforschung darf die Fertigung vieler Kleidungsstücke, insbesondere unter Einbeziehung von Blaudruck-Stoffen gedeutet werden. Seine Dokumentation der Model, die er zum Drucken benutzen ließ, aber auch seine Sammelleidenschaft für textile Handmuster sind bemerkenswert. Selbst kleinste Fetzen historischer Kleidung, Bettwäsche oder Gebrauchsleinens sicherte er bei vielen seiner Ortsbesichtigungen auf den Höfen der Altmark. So bewahrt das Freilichtmuseum Diesdorf eine bedeutende Sammlung verschiedenster Webmuster, Materialzusammensetzungen und Farbgebungen.
Fazit:
Die bekannten Fakten verdeutlichen die Herausforderungen und Einschränkungen bei der Rekonstruktion historischer Trachten in der Altmark, insbesondere im Zusammenhang mit den Bemühungen von Peter Fischer.
Die Einordnung seiner zeitintensiven Anstrengungen auf diesem Gebiet gestaltet sich als eine nahezu unlösbare Aufgabe:
- Es gibt nur Fragmente von anlassbezogener Kleidung über ein großes Gebiet und einen langen Zeitraum hinweg.
- Viele Rekonstruktionen basieren auf "Trachtenpuppen", die oft nur eine verzerrte Version der Erwachsenenkleidung darstellen.
- Die erforschten Quellen stammen aus einer Zeit, als die Tracht längst nicht mehr lebendig war.
In den Sammlungen der umliegenden Museen konnte Peter Fischer etwa 40 Mützen und Hauben dokumentieren. Es lässt sich dennoch keine eindeutige Mützenform und deren individuelle Ausgestaltung für bestimmte Regionen, wie die nordwestliche Altmark, ableiten.
Eine systematische und wissenschaftliche Erforschung der historischen Kleidung der ländlichen Bevölkerung in der Altmark liegt bisher nicht vor. Es zeichnet sich lediglich ab, dass viele Objekte in ihrer unterschiedlichen Ausarbeitung dem Kleidungsverhalten anderer Trachtenregionen folgen könnten. Die Zusammenstellung von Trachtenteilen aus derselben Region reicht jedoch nicht aus, um eine "Altmärkische Tracht" zu definieren.
Peter Fischer hat die Problematik seiner Forschungen in seinem Aufsatz über die Altmärkischen Trachten offen benannt. Er hat auch die Unmöglichkeit von repräsentativen Untersuchungen beschrieben – weil es zu wenig Vergleichsobjekte gab. Folglich hat er seine Ergebnisse nach bestem Wissen vorgestellt und umgesetzt.
Die gesicherte kostüm- und textilkundliche Zuordnung der noch vorhanden Belegteile an Historischer Kleidung könnte helfen, die Arbeit von Peter Fischer besser einzuordnen und seine oft auf mündliche Überlieferung oder Reiseberichte basierenden Quellen bestenfalls zu unterfüttern. Seine Trachtenrekonstruktionen bleiben letztendlich und aus heutiger Sicht seine persönliche Vorstellung und Interpretation der im 19. Jahrhundert in der Altmark wahrscheinlich getragenen Tracht, basierend auf den begrenzten verfügbaren Informationen.